Im Zuge der laufenden Diskussionen über die Erinnerungskultur in Deutschland hat die Stadt Fulda nun eine wichtige Maßnahme ergriffen, um die ambivalente Geschichte eines ehemaligen Stadtoberhauptes zu beleuchten. Das Porträt von Franz Danzebrink, der von 1930 bis 1945 Oberbürgermeister war, wurde jüngst mit Infotafeln ergänzt, die auf seine Rolle während der NS-Zeit eingehen.
Ein Blick auf die Umbenennung der Amöneburger Straße
Die Amöneburger Straße, die im Juli 2023 in den Fokus rückte, war zuvor nach Danzebrink benannt. Nach einer breiten öffentlichen Diskussion und dem Einfluss eines Artikels der Fuldaer Zeitung aus dem Jahr 2015 wurde entschieden, die Straße umzubenennen. Der neue Name erinnert an Bonifatius, der im Jahr 721 ein Kloster in Amöneburg gründete und somit die lokale Geschichtstradition hervorgehoben werden sollte.
Die Rolle von Franz Danzebrink im Nationalsozialismus
Die Expertisen von Historikern, die zur Klärung seiner politischen Verantwortung beauftragt wurden, zeigten auf, dass Danzebrink zwar keine direkte Beteiligung an nationalsozialistischen Verbrechen nachgewiesen werden kann, jedoch wegen seiner Funktion als „nationalsozialistischer Oberbürgermeister“ als Regimestabilisierer gilt. In einer Zeit politischer Umbrüche trug Danzebrink dazu bei, Gruppierungen, die dem NS-Regime skeptisch gegenüberstanden, für die neuen Machthaber zu gewinnen.
Ergänzung wichtiger Informationen
Um den Kontext von Danzebrinks Wirken während der NS-Zeit besser zu verstehen, wurden nun an seinem Porträt im Stadtschloss Infotafeln angebracht. Diese Tafeln bieten Informationen sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache und weisen darauf hin, dass Danzebrink eine grundlegende Rolle als Verwaltungsexperte einnahm. Dies geschah trotz seiner ursprünglichen Gegnerschaft zur NS-Ideologie. Die Tafeln thematisieren auch die verheerenden Maßnahmen, die während seiner Amtszeit stattfanden, darunter die Enteignung von jüdischen Friedhöfen sowie seine Kenntnis über Gewaltaktionen, die gegen die jüdische Bevölkerung und die Sinti und Roma verübt wurden.
Eine notwendige Auseinandersetzung mit der Geschichte
Die Anbringung dieser Informationen wird von vielen als ein notwendiger Schritt in der Aufarbeitung der Geschichte angesehen. Die Stadt Fulda erklärt, dass die frühere Straßenbenennung und das unkommentierte Porträt Danzebrinks den Eindruck vermitteln könnten, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht ausreichend verurteilt werden. Der neue Ansatz über die Infotafeln soll dazu beitragen, eine ehrliche Auseinandersetzung mit der belasteten Vergangenheit zu fördern und das Bewusstsein für eine differenzierte Erinnerungskultur zu schärfen.
– NAG