Die Solarenergie hat in Deutschland zurzeit Rückenwind wie nie zuvor. Immer mehr Haushalte investieren in Photovoltaik-Anlagen, um ihren eigenen Strom zu erzeugen und einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen, wird jedoch ein drastischer Anstieg der installierten Leistung notwendig sein. Laut dem Thinktank Agora Energiewende müssen wir die aktuell installierten 85.000 Megawatt auf beeindruckende 400.000 Megawatt erhöhen. Dies bedeutet, dass wir in naher Zukunft jedes zweite Hausdach mit Solarmodulen ausstatten und zahlreiche Sonnenkraftwerke auf Freiflächen errichten müssen. Dabei ist es entscheidend, nicht nur die Energieproduktion zu betrachten, sondern auch die umweltfreundliche Produktion und das Recycling der Module selbst.
Vor diesem Hintergrund hat das Fraunhofer-Center in Halle (Saale) gemeinsam mit Partnern ein innovatives Solarmodul entwickelt, das als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit gilt. Bei der derzeit üblichen Herstellung von Solarmodulen gibt es zwei wesentliche Probleme: Erstens sind die Rohstoffgewinnung, insbesondere von Silizium, und zweitens die unzureichende Recyclingfähigkeit der Module nach ihrer Nutzung. Oftmals landen die ausgemusterten Module in der Verbrennung oder werden lediglich zu minderwertigen Produkten verarbeitet. Das Ziel des neuen Prototyps ist es, diese Herausforderungen anzugehen und eine echte Kreislaufwirtschaft zu etablieren.
Nachhaltige Materialien für die Zukunft
Der neu entwickelte Bio-Modul-Prototyp könnte einen entscheidenden Fortschritt in diesem Bereich darstellen. Die unkonventionellen Komponenten bestehen weitgehend aus nachwachsenden Rohstoffen, sind biologisch abbaubar oder problemlos recycelbar. Das Modul liefert bei optimaler Sonneneinstrahlung eine Leistung von 380 Watt. Neben der Verwendung nachhaltiger Materialien gibt es vier bemerkenswerte Aspekte des neuen Moduls: Der Rahmen besteht aus einem innovativen Composit-Material mit hohem Holzanteil, das vollständig recycelbar ist. Die Solarzellen sind mit einem elektrisch leitenden Kleber verbunden, nicht wie gewohnt mit bleihaltigen Lötmitteln. Auch die Rückseitenabdeckung des Moduls nutzt zu 30 Prozent recyceltes PET, während die transparente Folie zu 60 Prozent aus biobasiertem Ethylen – gewonnen aus Zuckerrohr – hergestellt wird.
Bei der Herstellung dieser Komponenten hat das Fraunhofer-Team diverse Tests durchgeführt, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Standards standhalten, darunter Alterung, Temperaturwechsel und Feuchtigkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass der CO₂-Fußabdruck eines solchen Moduls erheblich gesenkt werden kann, wenn nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz kommen und energieintensive Materialien wiederverwendet werden.
Die Zukunft der Solarnutzung im Kontext des Rückbaus
Die Notwendigkeit für diese Innovation wird durch die wachsende Anzahl an ausgedienten Solaranlagen deutlich. Seit 2020 hat die rückgebaute Menge sprunghaft zugenommen, da viele der ersten Solarmodule, die nach Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 installiert wurden, nun das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Schätzungen zufolge könnte die Menge der zurückgebauten Module bis 2030 bereits eine Million Tonnen pro Jahr erreichen und bis 2050 gar auf 4,4 Millionen Tonnen ansteigen.
Obwohl das neue Modell vielversprechend aussieht, haben sich bislang noch keine deutschen Hersteller für eine Umstellung auf das nachhaltigere Design entschlossen. „Die aktuelle Situation für Modulfertiger in Deutschland ist wenig rosig“, sagt Ringo Köpge vom Fraunhofer-Institut. Die Forscher bleiben jedoch optimistisch und setzen ihre Bemühungen fort, um die Wende zu einer grünen Zukunft in der Solarindustrie voranzutreiben.
– NAG