Die Frage nach der zukünftigen Notwendigkeit des LNG-Terminals auf der Insel Rügen steht im Raum, nachdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) bekannt gab, dass die Gasmangellage in Deutschland vorerst beendet ist. Dies kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die deutschen Gasspeicher zu 95 Prozent gefüllt sind und die Gaspreise als akzeptabel gelten. Diese positive Entwicklung war drastisch anders im Frühling 2023, als das Terminal im Hafen Mukran als Teil des LNG-Beschleunigungsgesetzes ins Spiel kam. Die Bundesregierung argumentiert jedoch, dass die Rolle des Terminals weit über die aktuelle Versorgung hinausgeht.
Ein neuer Ansatz wird verfolgt: Das Terminal soll nun eine entscheidende Resilienz- oder Widerstandsfunktion für die Gasversorgung Deutschlands und seiner Nachbarstaaten erfüllen. Diese Sichtweise wurde in einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Leif-Erik Holm formuliert. Damit wird verdeutlicht, dass die Gasmangellage nicht mehr im Vordergrund steht und die Notwendigkeit der Infrastruktur in einem anderen Licht gesehen wird.
Kritik an der Funktion des Terminals
Die Gegner des LNG-Terminals ergreifen die Gelegenheit, um ihre Forderungen zu untermauern. Insbesondere in der Gemeinde, die das Terminal beherbergt, plant man nun eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht. Bürgermeister Karsten Schneider fordert den Rückbau des Terminals und eine Beendigung des „Schreckens“, den die Infrastruktur verursache. Laut Thomas Kunstmann von der Bürgerinitiative „Lebenswertes Rügen“ ist die Argumentation des Bundes, das Terminal sei für die Resilienz verantwortlich, nicht mehr als ein Versuch, die aktuelle Lage zu rechtfertigen.
In der sachlichen Auseinandersetzung um den Betrieb des Terminals wird angemerkt, dass das LNG-Beschleunigungsgesetz, das für die Genehmigung des Terminals ausschlaggebend war, kein Alleinstellungsmerkmal der Mitversorgung der Nachbarstaaten vorsieht. Vielmehr war der Sinn des Gesetzes, eine Gasmangellage in Deutschland abzuwehren.
Unsicherheiten für den Winter
Die Verpflichtung Deutschlands zur Energiesicherheit wird insbesondere im Hinblick auf den bald auslaufenden Gasliefervertrag zwischen Russland und der Ukraine diskutiert. Experten befürchten, dass ein endendes Abkommen zu einem großen Energieengpass führen könnte, der die Versorgung von Ländern wie Österreich und den osteuropäischen Staaten beeinflusst. Sollte der Vertrag nicht verlängert werden, könnte Europa zwischen zwölf und 15 Milliarden Kubikmeter Gas fehlen, die derzeit durch die Ukraine transportiert werden.
Sollte die Gasversorgung aus Russland gänzlich ausbleiben, würde dies hohe Gaspreise zu Folge haben. Der Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), sieht die Verantwortung bei der Landesregierung, die notwendige Resilienz der Energieversorgung sicherzustellen. Er fordert konkrete Antworten des Bundeswirtschaftsministeriums zur Gasversorgungslage, die vergangene Forderungen seines Amtes noch offen gelassen hat.
Bundesregierung: Versicherung gegen Gasmangellage
Die Bundesregierung betont die Notwendigkeit der LNG-Terminals als eine Art Versicherung gegen mögliche Gasengpässe. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, dass im Falle von Havarien an Pipelines oder einem Rückgang der Gaslieferungen aus Russland schnell eine Veränderung der aktuellen Lage eintreten könnte. Daher sei die Stabilität der Gasversorgung für die kommenden Wintermonate von äußerster Wichtigkeit.
Die Diskussion um das Terminal auf Rügen hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ebenfalls auf den Plan gerufen. Sie kritisiert die Legitimität der Argumente, die zur Begründung des Terminals herangezogen werden. Laut DUH wurde das Terminal unter dem Vorwand genehmigt, eine Gasmangellage abzuwenden, nicht jedoch als eine Option zur Versorgung anderer Staaten. Hier wird die politische Motivation hinter dem Terminal kritisch hinterfragt.
Wie sich die Situation in den nächsten Monaten entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Während einige Akteure die Notwendigkeit des Terminals in Frage stellen, betonen andere seine essentielle Rolle, um die Energieversorgung in Deutschland und darüber hinaus aufrechtzuerhalten. Die verschiedenen Perspektiven werfen ein Licht auf die Komplexität der Energiepolitik und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.
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