Das neue Schuljahr hat begonnen, und für viele Familien mit Erstklässlern ist dies eine Zeit voller Aufregung, aber auch Herausforderungen. Alexandra Hampel, eine erfahrene Erziehungswissenschaftlerin und Familien-Coach aus Florstadt, beleuchtet die Schwierigkeiten, die Eltern und Kinder in dieser Übergangsphase erleben. Oft werden sie von Ängsten und Zweifeln geplagt, was nicht selten zu Stress in der Familie führt.
Hampel erklärt, dass etwa 80 Prozent ihrer Klienten Kinder im Grundschulalter sind, und dass viele Probleme spezifisch mit der Schule zusammenhängen. „Mit jedem neuen Schuljahr wird der Druck auf die Kinder größer“, so Hampel. Dies äußert sich oft in aggressivem Verhalten und emotionellen Ängsten. Die Herausforderung für Eltern liegt darin, ihre Kinder zu unterstützen, ohne dabei in Alarmismus zu verfallen. „Einschulung bedeutet nicht nur für die Kinder einen großen Schritt, sondern auch für die Eltern, die loslassen müssen“, fügt sie hinzu.
Die Herausforderungen der Eingewöhnungsphase
Eine wesentliche Erkenntnis, die Hampel gewonnen hat, ist, dass sich Familien mindestens zwei Monate Zeit für die Eingewöhnung nehmen sollten. Diese Zeit ist entscheidend, da sie mit neuen Regelungen, Schultagen und sozialen Strukturen konfrontiert werden. Der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule kann für die gesamte Familie eine Herausforderung darstellen, da die flexiblen Bringzeiten wegfallen und der Tag durch die Schule straffer geregelt wird.
Die Kinder müssen nicht nur lernen, Lesen und Rechnen, sondern auch neue Regeln und soziale Dynamiken verstehen. Diese Anpassung ist oft mit emotionalen Hochs und Tiefs verbunden. Es ist wichtig, dass Eltern in dieser Zeit eine positive und unterstützende Rolle einnehmen, um den Stress abzubauen und eine sichere Umgebung zu schaffen.
Ein häufig gemachter Fehler ist es, negativ über Lehrer oder die Schule zu sprechen. „Das verstärkt den Druck auf die Kinder und kann ihre Sicht auf die Schule beeinträchtigen“, warnt Hampel. Sie beobachtet, dass immer mehr Eltern versuchen, direkt in schulische Abläufe einzugreifen, was bei Lehrern oft ein Gefühl der Bedrohung auslöst. Die Wahrnehmungen sind hierbei subjektiv und beeinflussen die Dynamik zwischen Eltern und Lehrkräften.
Hampel äußert auch Bedenken gegenüber der zunehmenden Verwendung von GPS-Uhren für Kinder. Während diese Geräte vermeintliche Sicherheit bieten, können sie auch Abhängigkeiten schaffen. „Wenn Kinder ihre Eltern jederzeit erreichen können, fällt es ihnen schwerer, eigene Lösungsstrategien für Probleme zu entwickeln“, merkt sie an. Dazu kommt, dass viele Eltern oft in der Schule anrufen, was dazu führt, dass Schulen Konsequenzen in Form von Verboten für solche Technologien einführen müssen.
Das Wohl der Kinder liegt Hampel am Herzen, besonders in einer vermeintlich sicheren Welt. „Einschulung ist ein Prozess des Loslassens“, betont sie. Es ist ein Balanceakt zwischen Eigenständigkeit und der Notwendigkeit, die Kinder durch das manchmal überholte Schulsystem zu navigieren.
Die Expertin hebt hervor, dass viele Probleme möglicherweise im familiären Kontext gelöst werden können. Ein entscheidender Faktor sei die Qualität der Zeit, die Eltern mit ihren Kindern verbringen. Kinder brauchen Struktur und klare Regeln, um sich in ihrem Leben zurechtzufinden, sonst geraten sie später in Schwierigkeiten. „Das ist die Grundlage für eine gesunde Entwicklung“, erklärt Hampel.
Besonders kritisch sieht Hampel auch die frühe Einschulung von Kindern. Diese kann zu emotionaler Unreife führen und später mit Problemen wie Drogenmissbrauch und Depressionen verbunden sein. Das Bauchgefühl der Eltern ist oft ein guter Indikator. In einer Zeit, in der Informationsüberflutung und unrealistische Darstellungen von perfekten Familien in den Medien vorherrschen, möchte Hampel Eltern ermutigen, ihren eigenen Instinkt zu vertrauen.
Für Familien mit Erstklässlern hat Hampel einige praktische Tipps zusammengestellt, um den Übergang zu erleichtern. Dazu gehören das Einüben des Schulwegs und des selbstständigen Anziehens vor der Einschulung, sowie das Vermeiden negativer Gespräche über die Schule in der Gegenwart der Kinder. Auch das Ernstnehmen der Ängste der Kinder ohne Überdramatisierung ist wichtig. Eltern sollten zudem darauf achten, dass ihre Kinder ausgeschlafen sind, um dem Unterricht folgen zu können.
Die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern sollte ebenfalls gefördert werden. Gespräche über den Schulalltag sollten nicht direkt nach der Schule stattfinden, sondern in einem entspannteren Rahmen, wie während der Bettgehzeit. Zudem ist es ratsam, den Kindern gute Nacht Geschichten vorzulesen, um ihre sprachliche Entwicklung zu unterstützen.
In der heutigen Zeit ist es wichtig, respektvoll mit der Schulzeit umzugehen und Mobbing ernst zu nehmen. Eltern sollten sich zurückhalten und ihre Kinder darin unterstützen, Konflikte selbstständig zu lösen. Bei Gesprächen über Probleme sollten verschiedene Perspektiven, einschließlich der der Lehrer, gehört werden.
– NAG