Im Vogelsbergkreis wird die Sorge um die Richtigkeit der Zensusdaten 2022 immer lauter. Viele Rathauschefs äußern Skepsis über die ermittelten Bevölkerungszahlen, die im Vergleich zu vorherigen Jahren einen beunruhigenden Rückgang dokumentieren. Die Werte deuten hierbei auf einen Trend hin, der nicht nur die Ämter, sondern auch die finanzielle Planung der Kommunen betreffen könnte.
So berichten etwa die Verantwortlichen in der Gemeinde Wartenberg, dass die Zensusdaten einen Verlust von 11 Prozent bei der Einwohnerzahl anzeigen – das bedeutet 429 weniger Bewohner gegenüber 2011. Bürgermeister Dr. Olaf Dahlmann kann diese drastische Abnahme nicht nachvollziehen. Nach seiner Wahrnehmung sind die Wohnungsmärkte in der Region lebhaft und es finden sich stets schnell neue Eigentümer oder Mieter, wenn Immobilien frei werden. „Die attraktive Lage, die gute Infrastruktur und die familienfreundlichen Angebote lassen keinen massiven Rückgang erwarten“, betont der Bürgermeister.
Ungereimtheiten bei den Zahlen
Ähnlich skeptisch äußern sich die Amtsinhaber in Homberg, wo ein Rückgang von 7,3 Prozent auf 7.014 Einwohner ermittelt wurde. Bürgermeisterin Simke Ried sieht die Zensuszahlen als nicht schlüssig an und spricht von einer Diskrepanz, die sich seit vielen Jahren in den Statistiken zeigt. „Wir müssen stets mit zwei Zahlen arbeiten: der offiziellen des Statistischen Landesamts und einer aus unserem eigenen Melderegister“, erklärt sie. Sie glaubt nicht an einen Rückgang der Bevölkerung und verweist auf die bevorstehenden Entwicklungen, die durch große Bauprojekte zur Ansiedlung von Unternehmen und den Anschluss an Autobahnen entstehen könnten.
In der Stadt Schlitz, die aktuell mit 9.109 Einwohnern 720 weniger als im Jahr 2011 registriert, gibt es ebenfalls Besorgnis. Bürgermeister Heiko Siemon hebt hervor, dass die möglichen finanziellen Einbußen der Zensuszahlen zwar noch unklar seien, jedoch dringend erörtert werden müssen. „Die Diskrepanz zwischen den Melderegisterdaten und den Zensuszahlen muss kritisch hinterfragt werden“, fordert er und verweist auf den anhaltend hohen Bedarf an neuem Wohnraum in der Region.
Auch im benachbarten Lauterbach wird der Zensus mit gemischten Gefühlen betrachtet. Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller berichtet von einem Verlust von 887 Einwohnern, was einem Rückgang von etwa 4,6 Prozent entspricht. „Obwohl wir uns auf die Zahlen beziehen müssen, gibt es noch viele offene Fragen“, zeigt er sich besorgt angesichts der kommenden Datenüberprüfung durch das hessische Statistische Landesamt.
Generalisiert lässt sich sagen, dass viele Kommunen im Vogelsbergkreis gegen die Zensuszahlen Sturm laufen und eine erneute Überprüfung anstreben. Der Schlüssel zu einer raschen Klärung könnte in einer transparenten Zusammenarbeit mit den statistischen Ämtern liegen. Die Bürgermeister sind sich dessen bewusst, dass sie auch auf die genauen Zahlen angewiesen sind, um Finanzmittel zu beantragen und den kommunalen Haushalt effektiv zu planen.
Die Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit den Zensuszahlen werfen ein Licht auf ein größeres Problem: Die Verlässlichkeit von Melderegistern und die Werthaltigkeit statistischer Erhebungen. Letztlich sind es die Bürger, die durch die ungenauen Daten eventuell die Folgen zu spüren bekommen, sei es durch veränderte Fördermittel oder durch fehlende Infrastruktur, die aufgrund einer fehlerhaften Bevölkerungsprognose nicht ausgelastet werden kann.
Die Skepsis in den Rathäusern bleibt also weiterhin bestehen und wird in den kommenden Monaten, während die detaillierten Ergebnisse aus Wiesbaden erwartet werden, sicher noch intensiver diskutiert werden. Bürgermeister, die sich für eine Korrektur der Daten einsetzen möchten, könnten in einer entsandten Arbeitsgruppe eine Stimme finden, um auf Missstände aufmerksam zu machen und eine Lösung herbeizuführen. Die kommenden Schritte sind daher entscheidend für die künftige Planung und Entwicklung im Vogelsbergkreis.
– NAG