Bürgermeister Dr. Julien Neubert hat sich in einer Diskussionsrunde im Seniorenzentrum Lich den wichtigen Fragen rund um das Thema des barrierefreien Wohnens für Senioren gestellt. Diese Veranstaltung wurde vom Seniorenbeirat unter der Leitung von Peter Illerich-Nehmer organisiert und thematisierte die Herausforderungen und Lösungen zur Schaffung von Wohnraum, der Sicherheit und Selbstständigkeit für ältere Bürgerinnen und Bürger gewährleistet. In einer von offener Kommunikation geprägten Atmosphäre wurden wichtige Themen angesprochen, die nicht nur die baulichen Aspekte des Wohnens betreffen, sondern auch die sozialen und praktischen Angebote, die für Senioren von Bedeutung sind.
Der Seniorenbeirat hat bereits in der Vergangenheit auf die Wichtigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung des Wohnens im Alter hingewiesen. Illerich-Nehmer stellte fest, dass barrierefreies Wohnen weit über den reinen Zugang zu Wohnräumen hinausgeht. Es umfasst auch die Schaffung von sozialen Kontaktmöglichkeiten und eine gute Erreichbarkeit aller notwendigen Dienstleistungen. Bürgermeister Neubert hob hervor, dass er sich aktiv für bezahlbaren Wohnraum sowie für Angebote wie betreutes Wohnen und Tagespflege einsetzen möchte. Hierfür wurde eigens ein Fachbereich für Kindertagesbetreuung, Soziales und Seniorenarbeit eingerichtet, um die Bedürfnisse der älteren Generation gezielt zu adressieren.
Bedarf an barrierefreiem Wohnraum
Ein zentrales Thema der Diskussion war die ermittelte Versorgungslücke für barrierefreie Wohnungen in Lich. Laut dem aktuellen Wohnraumversorgungskonzept besteht ein Bedarf von etwa 500 Einheiten, der voraussichtlich noch zunehmen wird, da die Bevölkerung über 80 Jahren in der Region wächst. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass die Prognosen bis 2040 mit einer Steigerung von 200 bis 300 zusätzlichen Senioren rechnen, was dringende Maßnahmen zur Schaffung entsprechender Wohnformen erforderlich macht. Die Mietsituation spiegelt die Herausforderungen wider: Der derzeitige Durchschnittspreis liegt bei 9,01 Euro pro Quadratmeter, was in den letzten Jahren stark angestiegen ist.
Einige der diskutierten Projekte boten bereits Hoffnung auf Verbesserung der Lage. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Alte Schlosserei“ in Langsdorf, bei dem die Kommune erfolgreich ein Grundstück erworben hat, um dort geförderten Wohnraum zu schaffen. Neubert betonte die Notwendigkeit, Grundstückseigentümer zu gewinnen, um geeignete Flächen für die Umsetzung barrierefreier Wohnprojekte zur Verfügung zu stellen. Diese Gespräche sind entscheidend, da viele Grundstücke derzeit nicht zum Verkauf stehen oder die Eigentümer nicht bereit sind, ihre Flächen zu veräußern.
Innovative Ansätze und Projektförderung
Die Stadt Lich verfolgt verschiedene Ansätze zur Förderung neuer Wohnprojekte. Eine der Möglichkeiten zur Finanzierung sind umfassende Fördermittel im Rahmen des Programms „Dorferneuerung“, die für die Entwicklung von Plätzen für betreutes Wohnen sowie für Tagespflegeeinrichtungen bereitgestellt werden. Im Falle des Projekts „Alte Schlosserei“ wird sogar von möglichen Förderungen im siebenstelligen Bereich ausgegangen, was eine erheblich positive Auswirkung auf die lokale Wohnsituation haben könnte.
Trotzdem ist das Vorankommen der Projekte oft mit Schwierigkeiten behaftet. Neubert sprach von der „Eigentumsfalle“, in der sich viele ältere Menschen befinden. Sie verfügen zwar über Immobilien, haben jedoch häufig nicht die finanziellen Mittel oder die physische Fähigkeit, ihren Wohnraum barrierefrei umzugestalten. Diese Problematik unterstreicht die Notwendigkeit, alternative Wohnmodelle zu schaffen, die sowohl finanzielle als auch körperliche Barrieren überwinden könnten.
In Zukunft könnte auch das neu eingeführte Bürgerbus-Projekt dazu beitragen, die Mobilität und die soziale Integration der Seniorinnen und Senioren zu fördern. Hierfür werden noch ehrenamtliche Fahrer gesucht, um ein umfassendes Netzwerk für die ältere Bevölkerung zu etablieren, das nicht nur Wohnraum, sondern auch Verkehrsanbindungen und soziale Kontakte ermöglicht.
Die Arbeiten im Bereich des barrierefreien Wohnens und der sozialen Infrastruktur für Senioren bleiben also ein zentrales Anliegen der Stadt Lich. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Kommune, dem Seniorenbeirat und den Bürgern hat das Potenzial, die Lebensqualität älterer Menschen in der Region spürbar zu verbessern.
Die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum für Senioren ist nicht nur ein lokales, sondern auch ein übergreifendes gesellschaftliches Thema. In Deutschland leben immer mehr ältere Menschen, und der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben im Alter ist weit verbreitet. Angesichts der demografischen Veränderungen, die durch eine steigende Lebenserwartung und rückläufige Geburtenraten geprägt sind, sind Kommunen gefordert, Lösungen zu finden, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Die Stadt Lich ist da keine Ausnahme, sondern spiegelt ein landesweites Problem wider.
In vielen Städten gibt es bereits Initiativen zur Förderung von seniorengerechtem Wohnraum. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren verschiedene Programme ins Leben gerufen, um den Bau von barrierefreien Wohnungen zu unterstützen. Dies beinhaltet finanzielle Zuschüsse sowie die Schaffung von Anreizen für private Investoren, in Barrierefreiheit zu investieren, was die Relevanz des Themas unterstreicht.
Übergreifende Herausforderungen im Wohnungsbau
Eines der größten Probleme im Wohnungsbau ist die Verfügbarkeit von geeignetem Bauland. In vielen Städten, einschließlich Lich, ist es zunehmend schwierig, Grundstücke zu finden, die den Anforderungen des barrierefreien Wohnens entsprechen. Dies wird durch die Eigentümerstruktur und auch durch den Widerstand in der Bevölkerung gegen Neubauprojekte erschwert. In urbanen Gebieten führt diese Knappheit nicht nur zu steigenden Preisen, sondern auch dazu, dass viele Projekte nicht umgesetzt werden können.
Zudem zeigt eine Umfrage des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, dass 39 Prozent der Befragten Schwierigkeiten haben, geeigneten Wohnraum zu finden. Dies ist besonders für Senioren problematisch, die auf spezielle Wohnformen angewiesen sind. In Lich gibt es aufgrund der angesprochenen Versorgungslücke von 500 barrierefreien Wohneinheiten eine klare Notwendigkeit für schnellere und effektivere Lösungen.
Soziale und politische Rahmenbedingungen
Die soziale und politische Landschaft in Deutschland hat einen direkten Einfluss auf die Wohnraumsituation. Durch verschiedene gesetzliche Regelungen wie das Wohnraumförderungsgesetz werden finanzielle Mittel bereitgestellt, die der Schaffung von barrierefreiem Wohnraum zugutekommen sollen. Das Konzept der sozialen Wohnraumförderung soll insbesondere bezahlbaren Wohnraum schaffen, der sich an den Bedürfnissen älterer Menschen orientiert.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frühzeitige Einbindung der Bürger, um deren Bedürfnisse und Perspektiven zu verstehen. Der Bürgerbus in Lich ist ein Beispiel für ein Projekt, das auf ehrenamtliches Engagement setzt, um die Mobilität von Senioren zu fördern. Solche Initiativen fördern die Lebensqualität älterer Menschen und helfen, Isolation zu verhindern. Die Einbindung aller Stakeholder ist entscheidend, um nachhaltige Lösungen zu finden.
– NAG