In Gießen steht das Flussstraßenviertel vor einem umfassenden Sanierungsprozess, der in den kommenden Jahren zahlreiche Veränderungen mit sich bringen soll. Die Wohnbau unter der Leitung von Dorothee Haberland hat eine detaillierte Untersuchung der Gebäudesubstanz durchgeführt und festgestellt, dass viele der bestehenden Häuser saniert werden können, anstatt sie abzureißen. Dies ist besonders bedeutend, da ursprünglich auch von einem weitreichenden Abbruch ausgegangen wurde und die Rahmenplanung von Neubauten ausging.
Die Situation erhielt 2018 Bedeutung, als die Stadtverordneten einen Plan des Büros Rittmannsperger beschlossen, der eine fast komplette Erneuerung des Viertels vorsah. Diese Pläne haben sich jedoch als wirtschaftlich nicht realisierbar erwiesen, insbesondere in Anbetracht der steigenden Baukosten und des finanziellen Aufwands für Modernisierungsprojekte in den 7200 Wohnungen Gießens.
Neue Zukunftsperspektiven
Die Geschäftsführerin der Wohnbau, Dorothee Haberland, hebt hervor, dass die Bestandsgebäude eine Restnutzungsdauer von 40 Jahren haben könnten, sofern sie saniert werden. Dies lässt darauf schließen, dass die Stadt Gießen mit den Sanierungsvorhaben in der Schottstraße und Werrastraße bereits 2026 beginnen möchte. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die soziale Struktur im Viertel gelegt, um sicherzustellen, dass die Bewohner nicht verdrängt werden.
„Wir wollen sowohl Familien als auch älteren Menschen ein Zuhause bieten und überlegen, wie viele barrierefreie Wohnungen wir benötigen“, erklärt Haberland. Die Planung schließt auch die Berücksichtigung der Mobilität im Viertel ein. Vor allem das Parken wird für die Anwohner eine große Rolle spielen. Ein Mobilitätskonzept soll in Angriff genommen werden, um den Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden.
Ein Schwerpunkt der neuen Maßnahmen wird auf der Erhöhung der Anzahl an Wohnraum liegen, insbesondere durch mögliche Aufstockungen der Bestandsgebäude. Dort, wo es die baurechtlichen Rahmenbedingungen zulassen, wird versucht, zusätzliche Wohnungen zu schaffen, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Werbung für das Viertel erfolgt zudem durch seine zentrale Lage in der Stadt, gute Anbindungen an den öffentlichen Verkehr und die Nähe zu Schulen und Kindergärten.
Sanierungen und soziale Integration
Um den gesamten Transformationsprozess erfolgreich zu gestalten, wird die Wohnbau auch ein Sozialkonzept aufsetzen, das sich mit den spezifischen Bedürfnissen der bestehenden und zukünftigen Bewohner auseinandersetzt. In Anbetracht der Tatsache, dass viele Menschen bereits lange im Viertel wohnen, hat die Gesellschaft auch für die Mieter ein aktives Umzugsmanagement geplant. „Es wird keine panischen Auszüge geben“, betont Aufsichtsratsvorsitzender Francesco Arman. Die Anwohner sollen stets gut informiert werden, sodass sie das Gefühl haben, in den Wandel eingebunden zu sein.
Das Flussstraßenviertel ist in der Vergangenheit durch ein Förderprogramm für sozialen Zusammenhalt gestärkt worden. Jetzt ist die Stadt in einer Phase angekommen, in der die Entwicklungen nicht nur vorangetrieben, sondern auch aktiv kommuniziert werden müssen. Ein Quartiersmanagement, ein runder Tisch und ein Stadtteilkiosk sollen dabei helfen, die Projekte zu begleiten und den Austausch mit den Bürgern zu fördern.
„Wir haben ein großes Potenzial in diesem Viertel und möchten es zu einem begehrten Wohngebiet entwickeln“, fasst Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher zusammen. Die Kombination aus Neubau und Modernisierung ist hierbei der Schlüssel, um den langen bestehenden Bewohnern auch in Zukunft ein Zuhause zu bieten. Wichtig ist, dass bei den Neubauten weiterhin die sozialen Kriterien in Bezug auf die Wohnberechtigungsscheine berücksichtigt werden, um gentrifizierende Prozesse zu vermeiden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Flussstraßenviertel in Gießen vor einer spannenden Zukunft steht. Die bewusste Entscheidung, bestehende Gebäude zu erhalten und zu modernisieren, gekoppelt mit einer vorausschauenden Planung für sozialen Wohnraum, verspricht eine positive Entwicklung innerhalb der nächsten Jahre und schafft Raum für die Bedürfnisse der Bürger.