Die Diskussion um die Wiederherstellung der direkten Zugverbindung zwischen Gießen und Köln gewinnt zunehmend an Fahrt. Der Gießener Fahrgastbeirat hat einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der auf eine längst überfällige Infrastrukturverbesserung hinweist. Seit 2009 ist die Verbindung, die über 150 Jahre existierte, aufgrund von Protesten gegen ihre Streichung nicht mehr aktiv. Thomas Kraft vom Pro Bahn Regionalverband Mittelhessen hat diesen Punkt zur Sprache gebracht, was das Interesse vieler Gießener geweckt hat.
Die bestehenden Verbindungen führen seit der Streichung immer über Siegen, was für Reisende erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Christoph Mehler, ein Verkehrsgeograph, der für den Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe arbeitet, erklärt, dass der Druck auf die Reisenden wächst: „Der Weg von Gießen nach Köln führt über Siegen – und hier haben wir ultrakurze Umsteigezeiten, die dazu führen, dass viele Anschlusszüge verpasst werden.“ Dies geschah, ohne dass der Fahrplan nach der Streichung verbessert wurde.
Status Quo und ungenutzte Chancen
Die Situation könnte sich jedoch bald ändern. Ab Dezember 2026 entfällt die derzeit belastende IC-Linie 34, die zwischen Frankfurt und Dortmund verkehrt und den Takt des Regionalexpress RE 99 überlagert. Mehler sieht diese Entwicklung als Chance, da mit einem neuen Fahrplan möglicherweise stündliche Verbindungen zwischen Gießen und Köln durch Siegen hergestellt werden können. Das Problem der Umsteigezeiten in Siegen bliebe jedoch bestehen, da Reisende im schlimmsten Fall nur vier bis fünf Minuten zur Verfügung haben, um auf einen anderen Zug umzusteigen.
Kraft ist optimistisch: „Ein durchgehender Zug von Köln nach Gießen könnte diese Probleme lösen. Auf nordrhein-westfälischer Seite gibt es bereits Überlegungen dazu, was zu einem Umdenken führen könnte.“ Der RE 9, der zurzeit bereits die Strecke von Aachen über Köln nach Siegen bedient, könnte in einem neuen Betriebskonzept bald unter die Lupe genommen werden, um die Verbindung nach Gießen zu verbessern.
Die Vorfragen zur Umsetzung sind jedoch alles andere als einfach. Go Rheinland äußert Bedenken: „Die gesamten Bahnsteige zwischen Au und Sieg müssten erst einmal angepasst werden, um mit den neuen Fahrzeugen kompatibel zu sein.“ Zudem plädiert Go Rheinland für eine bessere Zusatzausstattung, da das Interesse an Fahrplätzen zwischen den Städten gestiegen ist. „Das Deutschlandticket hat die Nachfrage von Köln nach Siegen merklich erhöht, und wir sind uns darüber bewusst, dass es für diesen Bedarf mehr Züge braucht“, so eine Sprecherin von Go Rheinland.
Aktuell wird von verschiedenen Beteiligten über die Möglichkeit nachgedacht, zumindest zweistündlich den RE 9 nach Gießen weiterzuführen. Während man in NRW und Rheinland-Pfalz bereits eine einhellige Zustimmung für die Idee der Verbindung hat, sieht der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) das Bedürfnis noch nicht gegeben. Dies ist für den Gießener Fahrgastbeirat nicht nachvollziehbar: „Die Züge sind überfüllt“, sagt Kraft und beschreibt die momentane Auslastung als „desaströs“.
Die Situation ist zeitkritisch. In der kommenden Woche werden Gespräche zwischen den Aufgabenträgern aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen stattfinden. Laut Mehler haben die Vertreter aus NRW und Rheinland-Pfalz bereits ihre Zustimmung zur Wiederherstellung der Verbindung gegeben, während die Entscheidung des RMV noch aussteht. Kraft mahnt: „Wenn der RMV diese Gelegenheit verstreichen lässt, könnte das schwerwiegende Folgen haben.“ Die realen Änderungen in der Verkehrslandschaft, die hier geschehen könnten, sind von immenser Bedeutung für die Region.
Auf die Frage, ob es Bestrebungen gibt, den RE 9 über Siegen hinaus nach Gießen zu verlängern, betonte ein Pressesprecher des RMV, dass keine abschließenden Informationen vorlägen. Diese Unsicherheit lässt die Gießener hoffen, dass die anstehenden Gespräche eine positive Wende bringen könnten. Der Fahrgastbeirat hat klare Forderungen: „Wir brauchen dringend wieder durchgehende Zugverbindungen nach Köln und fordern die Städte und Landkreise auf, sich für diese Änderungen stark zu machen“, erklärt Kraft abschließend.
Für weitere Informationen zu diesem Thema können Sie den Bericht auf www.giessener-anzeiger.de einsehen.