Die Stadt Göttingen kündigt eine bedeutende Ausstellung an, die sich mit der kolonialen Vergangenheit der Region befasst. Unter dem Titel „Göttingen kolonial, 1871–1945“ wird die Ausstellung ab dem 22. September 2024 im Städtischen Museum am Ritterplan 7/8 zu sehen sein und bis zum 26. Januar 2025 geöffnet bleiben. Die feierliche Eröffnung findet am ersten Ausstellungstag um 11.00 Uhr statt, und der Eintritt ist für alle Besucher kostenfrei.
Obwohl viele nur an größere Städte wie Berlin oder Hamburg denken, wenn es um die koloniale Geschichte Deutschlands geht, zeigt die Ausstellung, dass auch Göttingen tief verwoben war in die Geschehnisse dieser Ära. Besondere Aufmerksamkeit gilt den verschiedenen Kolonialvereinen, die sich für die deutsche Kolonialherrschaft einsetzten und die Ansichten der damaligen Zeit propagierten. Diese Vereine organisierten Veranstaltungen, um die Bevölkerung zu mobilisieren, und sammelten Gelder, um die vermeintliche „Zivilisierung“ der als minderwertig wahrgenommenen kolonisierten Bevölkerung zu unterstützen.
Verbindungen und Forschungen an der Universität Göttingen
An der Universität Göttingen wurde nicht nur gelehrt, sondern es gab auch Forschung zu Rassetheorien und den Herausforderungen, die der Kolonialismus für die sogenannte „arbeiterfrage“ mit sich brachte. Dabei war die Stadt nicht nur ein Ort des Wissens, sondern auch ein Sammelpunkt für ethnographische Objekte und Überreste aus den Kolonien. Diese sammelten sich in den universitären Sammlungen, und die Hintergründe sowie die Umstände ihrer Ankunft werden in der Ausstellung erörtert.
Ein Projektseminar, geleitet von Dr. Karolin Wetjen und Charlotte Prauß, ermöglichte 16 Studierenden der Neueren Geschichte, sich intensiv mit dem Thema Kolonialismus in Göttingen auseinanderzusetzen. Die Studierenden erforschten dazu ausgewählte Biografien von Bürger*innen der Stadt aus der Zeit zwischen 1870 und 1945, um die Verstrickungen und den Einfluss der kolonialen Herrschaft im Alltag der Göttinger Bevölkerung zu beleuchten. Ihre Arbeit führte zu einer Ausstellung, die das Zusammenspiel von individueller und kolonialer Geschichte in den Fokus rückt.
Diese Ausstellung ist nicht nur eine reflexive Auseinandersetzung mit der Geschichte, sondern auch ein Versuch, die Kontinuitäten bis in die heutige Zeit zu zeigen. Während viele denken, die koloniale Ära sei überwunden, machen die Aufarbeitungen deutlich, wie sehr diese Zeit auch in der heutigen Gesellschaft verankert ist. Die betroffenen Themen sind hochaktuell und erfordern einen differenzierten Blick auf die Vergangenheit.
Besucher können sich auf eine Vielzahl von Exponaten freuen, die den Alltag und die Einstellungen von Göttinger Bürger*innen zur kolonialen Zeit veranschaulichen. Von der Darstellung ethnographischer Objekte bis hin zu Berichten über die Beteiligung der Bürger an kolonialen Konflikten, die Ausstellung bietet einen tiefen Einblick in die komplexe Beziehung von Göttingen zur kolonialen Vergangenheit.
Für alle Interessierten wird eine Vielzahl von Informationsmaterialien bereitgestellt, die ein tieferes Verständnis der gezeigten Themen ermöglichen. Die Ausstellung zeigt, dass Kolonialismus nicht nur ein historisches Phänomen ist, sondern dass dessen Auswirkungen bis heute spürbar sind. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen und sie in einen zeitgenössischen Kontext zu stellen.
Die Ausstellung stellt einen wichtigen Schritt der Stadt Göttingen dar, sich ihrer eigenen Geschichte bewusst zu werden und diese kritisch zu reflektieren. Sie lädt alle ein, sich bewusst mit dem Thema auseinanderzusetzen und die komplexe Geschichte der Stadt neu zu entdecken. Nähere Informationen zur Ausstellung sind auch auf www.goettingen.de zu finden.