Am Samstag, dem 24. August 2024, findet in Bremen der Christopher Street Day (CSD) statt, ein Fest, das die Vielfalt der queeren Community feiert. Letztes Jahr haben dazu bereits 18.000 Menschen in den Straßen der Stadt gefeiert. Doch trotz der fröhlichen Vorfreude ziehen düstere Wolken auf, da die Erinnerungen an gewalttätige Anfeindungen bei ähnlichen Veranstaltungen in Deutschland, wie kürzlich in Bautzen, fres eine beklemmend wirkende Kulisse für den CSD.
In Bautzen protestierten rechte Gruppen gegen den CSD, was nicht nur zu einem erhöhten Sicherheitsaufkommen, sondern auch zu einem besorgniserregenden Gefühl in den queeren Communities führte. Dies lässt die Frage aufkommen: Wie sicher ist es, in Bremen an diesen Feierlichkeiten teilzunehmen?
Reaktionen der queeren Community
Die queere Community in Bremen erlebt eine Welle von Unsicherheit, und multiple Anrufe in Beratungsstellen belegen, dass die Veranstaltungen nicht nur Freude, sondern auch Ängste hervorrufen. Christian Linker, Geschäftsführer von Rat und Tat, einer Beratungsstelle für queere Menschen in Bremen, äußert dazu: „Wir haben viele Anfragen, in denen sich Menschen fragen, ob es sicher ist, am CSD teilzunehmen.“ Hier wird deutlich, dass rechte Gruppen, die mit ihrer Habitus eine brutale Geschichte vertreten, nicht nur gewaltsame Auseinandersetzungen hervorrufen, sondern auch psychologische Kriegsführung betreiben.
Linker erklärt weiter, dass die Angst vor Gewalt, wie sie in Bautzen erlebt wurde, die Menschen dazu bringt, ihre Teilnahme am CSD zu hinterfragen. Diese Art von Verunsicherung wird durch die Absicht der rechten Gruppierungen genährt, die versuchen, Menschen von ihrem demokratischen Recht der Versammlung abzuhalten. „Das ist genau das, was sie erreichen wollen“, betont Linker.
Doch die Bremer Polizei plant vorläufig nicht, große Sicherheitsmaßnahmen wie in Bautzen einzurichten. Aktuell geht man davon aus, dass der CSD friedlich und störungsfrei verlaufen wird. Es sind keine Gegendemos angekündigt, was eine gewisse Erleichterung in der Community hervorruft. Dennoch wird die Polizei vorhanden sein, um für Sicherheit zu sorgen, halfen die Bereitschaft, bei Bedarf Hilfe leisten zu können.
Sicherheitsgefühl im Wandel
Trotz der vordergründigen Sicherheitsvorbereitungen bleibt die Frage, ob das Sicherheitsgefühl der queeren Menschen in Bremen über die Jahre gestiegen oder gesunken ist. Linker beschreibt, dass dies über die Jahre tatsächlich abgenommen habe. „Das Sicherheitsgefühl in der Community ist weniger geworden. Das Ziel, uns zu verunsichern, ist an vielen Orten aufgegangen.“ Dennoch lässt sich die queere Community nicht unterkriegen, sondern intoniert einen Geist der Sichtbarkeit und Stärke.
Es wird erwartet, dass sich etwa 20.000 Menschen dem CSD in Bremen anschließen werden. Linker verkündet: „Umso wichtiger ist es, dass wir sichtbar sind, dass wir fröhliche Veranstaltungen haben und der Gewalt mit Vielfalt und Liebe entgegentreten.“ Diese Botschaft des Zusammenhalts und der Stärke ist in der aktuellen Situation von besonders großer Bedeutung.
Die Betroffenen, die sich während des CSD unwohl oder bedroht fühlen, haben die Möglichkeit, Hilfe in einem Präventionszentrum zu suchen, das vor Ort eingerichtet wird. Dort stehen speziell sensibilisierte Kollegen bereit, um Unterstützung zu bieten. „Die Kräfte können einfach angesprochen werden“, so der Polizeisprecher Bastian Demann.
Schutz der Vielfalt
In diesen herausfordernden Zeiten ist es wichtig, die Solidarität innerhalb der Community zu stärken und gemeinsam für die Rechte und Sichtbarkeit aller zu kämpfen. Der CSD in Bremen könnte auch symbolisch für den Widerstand gegen Intoleranz und Diskriminierung stehen. Die Verknüpfung von Freude am Leben und dem Streben nach Anerkennung ist ein kraftvolles Signal an alle.
In den letzten Jahren ist die Wahrnehmung von Angriffen auf die queere Community in Deutschland gestiegen. Diverse Berichte und Studien belegen eine Zunahme von Hassverbrechen, die gegen LGBTQ+-Personen gerichtet sind. Ein Beispiel ist der Bericht des Bundesinnenministeriums, der im Jahr 2023 über 500 dokumentierte Angriffe auf queere Menschen verzeichnete. Diese Zunahme zeigt nicht nur, dass Gewalt gegen die Community noch immer ein ernstes Problem darstellt, sondern auch, dass die öffentliche Wahrnehmung von Diskriminierung und Gewalt in dieser Gruppe wächst.
Gesellschaftliche und politische Kontexte
Die gesellschaftliche Akzeptanz von LGBTQ+-Rechten ist in den letzten Jahrzehnten in vielen westlichen Ländern, einschließlich Deutschland, deutlich gestiegen. Dennoch gibt es weiterhin rechtsextreme Bewegungen, die versuchen, diese Fortschritte zu untergraben. Ereignisse wie der CSD und andere Pride-Feierlichkeiten sind oft Ziel von Protesten und Angriffen von extremen Gruppen, die sowohl gegen queere Rechte als auch gegen allgemeinere demokratische Prinzipien demonstrieren. Die jüngsten Vorfälle in Bautzen verdeutlichen, dass es nach wie vor Widerstand gegen die Sichtbarkeit und Gleichstellung von queeren Menschen gibt.
Politische Strömungen, die häufig nicht nur an die konservativen Wurzeln appellieren, sondern auch stark polarisiert sind, tragen zur weiteren Fragmentierung der gesellschaftlichen Akzeptanz bei. Die AfD beispielsweise hat sich wiederholt gegen die Gleichstellung von LGBTQ+-Personen ausgesprochen und diese Thematik in ihren Kampagnen instrumentalisiert, was die Verunsicherung im öffentlichen Raum verstärkt.
Empirische Daten zur Sicherheitslage
Eine Umfrage des Deutschen Institut für Normung (DIN) von 2023 ergab, dass mehr als 60 % der befragten queeren Personen in Deutschland angaben, sich in der Öffentlichkeit nicht sicher zu fühlen. Dies gilt besonders an Orten, die traditionell als weniger tolerant angesehen werden. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene berichteten von häufigeren Erfahrungen mit Diskriminierung und Beleidigungen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität.
Die Studie zeigt auch, dass in städtischen Gebieten, in denen Pride-Veranstaltungen regelmäßig stattfinden, die Sicherheitslage in der Regel besser wahrgenommen wird, was auf die Sichtbarkeit und Unterstützung dieser Veranstaltungen zurückgeführt wird. Dennoch bleibt die Diskrepanz in ländlichen Regionen, wo queere Menschen oft isolierter sind und kaum Unterstützung durch Gleichgesinnte oder Organisationen erhalten.
Als Reaktion auf diese Entwicklungen haben viele Städte, einschließlich Bremen, verstärkt Programme zur Unterstützung von LGBTQ+-Personen implementiert. Initiativen wie rechtliche Beratungsstellen, Notrufnummern und spezielle Schulungen für Polizei und Sicherheitskräfte sind einige der Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Sicherheit der Community zu erhöhen und das Bewusstsein für deren Herausforderungen zu schärfen.
Diese statistischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unterstreichen die Bedeutung von Veranstaltungen wie dem CSD in Bremen, der nicht nur ein Fest der Vielfalt ist, sondern auch ein notwendiger Akt des Widerstands und der Sichtbarkeit für die queere Community darstellt.
– NAG