Der Cum-Ex-Skandal, der in den letzten Jahren immer wieder in den Nachrichten war, sorgt nicht nur für rechtliche, sondern auch für finanzielle Turbulenzen in Deutschland. Im Rahmen dieses Skandals kam es zu betrügerischen Steuererstattungen, bei denen Unternehmen sich Steuern zurückholten, die sie nie tatsächlich gezahlt hatten. Dies geschah durch mehrfachen Kauf und Verkauf von Aktien rund um den sogenannten Dividendenstichtag. Hierbei wurde der Besitz der Aktien so verschleiert, dass die Finanzämter nicht mehr nachvollziehen konnten, wer die Steuer tatsächlich entrichtet hatte. Schätzungen zufolge könnte der deutsche Staat durch diese Machenschaften zwischen 10 und 55 Milliarden Euro verloren haben, allerdings bleibt es schwierig, den genauen Schaden zu ermitteln, da die Transaktionen komplex und international verknüpft sind.
Jetzt steht Deutschlands größte Versicherungsgruppe, die Allianz, im Fokus einer Klage, die von elf verschiedenen Versicherern eingereicht wurde. Diese Vermutung über eine mögliche finanzielle Verantwortung bezieht sich insbesondere auf die Beratung durch die renommierte Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer zu den riskanten Cum-Ex-Geschäften. Laut dem „Handelsblatt“ hat das Landgericht München die Klage bestätigt, jedoch bleibt unklar, welche konkrete Rolle die Allianz in dieser Angelegenheit spielt.
Die Rolle der Maple Bank und rechtliche Folgen
Ein zentraler Akteur in diesem Skandal war die Maple Bank, ein früheres Kreditinstitut mit Sitz in Frankfurt am Main, das infolge der Cum-Ex-Transaktionen Insolvenz anmelden musste. Der ehemalige CEO Wolfgang Struck wurde dafür im vergangenen Oktober zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt, was ihn zum ersten Bankchef macht, der für seine Rolle im Cum-Ex-Skandal hinter Gittern sitzt. Die Maple Bank hatte dem deutschen Steuerrecht einen nachweislichen Schaden von 383 Millionen Euro zugefügt.
Um die Geschädigten, darunter zahlreiche Anleger, zu entschädigen, stellte der Insolvenzverwalter Michael Frege Schadensersatzansprüche gegen Freshfields auf. Der Insolvenzverwalter argumentierte, dass die rechtlichen Beratungen der Kanzlei zu diesen illegalen Geschäften maßgeblich zum Niedergang der Bank beigetragen hatten. Im Zuge eines Vergleichs zahlte Freshfields kürzlich 50 Millionen Euro, um die Sache zu regeln. Diese Zahlung wurde von Freshfields jedoch über mehrere Versicherungen, darunter auch der Allianz, geltend gemacht, wobei die Frage der Haftung im Raum steht.
Die Allianz hatte sich geweigert, für die Schäden durch die Cum-Ex-Beratung von Freshfields aufzukommen. Der Grund sei, dass man der Ansicht sei, es handele sich hierbei um eine strafbare Handlung und nicht um einen Fall von Falschberatung. Dies sei besonders gravierend, weil frische rechtliche Entwicklungen zeigten, dass die Berater von Freshfields möglicherweise von der Illegalität ihrer Handlungen Kenntnis hatten. Eine entsprechende Einschätzung wurde auch durch das Urteil eines Richters untermauert, der von einer „hohen kriminellen Energie“ bei einem der Partners der Kanzlei sprach.
In der neuen Klage eines Konsortiums aus elf internationalen Versicherern gegen die Allianz wird nun ein Streitwert von 35 Millionen Euro genannt. Die Frage, ob die Anwälte absichtlich illegal beraten haben, steht im Vordergrund des Verfahrens. Zusätzlich ist nicht unerheblich, dass der deutsche Gesetzgeber bis 2012 keine klaren Regelungen hinsichtlich der wiederholten Anfragen auf Steuererstattungen bei solchen Transaktionen hatte. Erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vermeidung der Doppelvergütung von Kapitalertragssteuer wurde dieser gesetzliche Graubereich teilweise geschlossen.