Fadwa Touqan, bekannt als die „Poetin Palästinas“, hat eine eindrucksvolle Lebensgeschichte zu erzählen – eines Lebens, geprägt von persönlichem und kollektivem Kampf. Ihr neues Buch „Le Cri de la pierre“ kombiniert ihre Memoiren mit der Geschichte der palästinensischen Tragödie, beginnend mit ihrer Geburt im Jahr 1917 und fortlaufend bis zu den frühen 2000er Jahren. Touqans Werke, die erst kürzlich in einer erweiterten Ausgabe von L’Asiathèque veröffentlicht wurden, fassen die Schlüsselmomente ihrer Vergangenheit in einem umfassenden Kontext zusammen.
In ihren Memoiren schildert Touqan die Herausforderungen, denen sie als junge Frau in einer patriarchalen Gesellschaft gegenüberstand. Aufgewachsen in einer wohlhabenden Familie in Naplouse war ihr Leben von strengen Traditionen geprägt. Diese „Familienoberhäupter“, wie sie sie nennt, übten einen enormen Druck auf sie aus. Mit scharfer Kritik beschreibt sie, wie sie in einem „Muster aus Stahl“ gefangen war, was ihre individuelle Entfaltung enorm erschwerte. Das Erleben der Restriktionen ihres Alltags hat sie jedoch nicht davon abgehalten, ihre Stimme zu erheben und sich als Schriftstellerin zu etablieren.
Der Kampf um die eigene Identität
Touqan, die in einer Zeit geboren wurde, in der die Freiheit der Frauen stark eingeschränkt war, beschreibt in ihren Werken ihren Weg zur Dichterin. Sie verkarstet in einem konfliktreichen Umfeld, das sowohl von familiären als auch politischen Kämpfen geprägt ist. Besondere Resonanz findet sie in der Geschichte, als sie im Alter von 13 Jahren den Zugang zur Schule verwehrt bekommt, nur weil ein Junge ihr eine Rose geschenkt hat. Diese dramatische Episode wurde zum Symbol für ihren inneren Kampf, in der sie sich gegen die patriarchalen Strukturen ihrer Familie und der Gesellschaft behaupten musste.
Die politischen Umbrüche, die sie während ihres Lebens erlebte, von der Gründung Israels bis zur ersten Intifada, beeinflussten maßgeblich ihre poetische Stimme. Touqans frühe Gedichte sind oft von einem Gefühl der Trauer und einer starken Klage geprägt, was die Auswirkungen der Kolonialisierung auf das palästinensische Volk reflektiert. Doch mit der Zeit wandelt sich ihre Ausdrucksweise, und sie findet in der freien Versform eine neue kreative Freiheit, die ihren revolutionären Geist widerspiegelt.
Ein Leben für die Kunst
Ein zentraler Punkt in Touqans Leben war ihr Bruder Ibrahim, ein Pionier der palästinensischen nationalistischen Poesie, der ihr nicht nur als Mentor diente, sondern auch ihre Liebe zur Literatur weckte. Er half ihr, ihre künstlerische Stimme zu entwickeln, die sich zunehmend gegen die Unrechtmäßigkeiten und die Unterdrückung ihrer Heimat richtete. Seine Unterstützung war grundlegend, denn mit seiner Hilfe erkannte sie, dass Poesie ein Mittel zur Selbstbehauptung und zum Widerstand sein kann.
Nach den politischen Umwälzungen von 1967 wird Touqans Poesie noch politischer. Ihre Gedichte beschreiben die Leiden ihrer Landsleute und werden zu einem Sprachrohr für den kollektiven Schmerz und die Hoffnung des palästinensischen Volkes. Sie thematisiert die Intifada, in der sich die Verzweiflung und der Widerstand der Menschen bündeln, und wird zu einer Stimme, die die Herzen vieler berührt. Ein bemerkenswertes Beispiel ist ihr Gedicht „Die Märtyrer der Intifada“, das eindringlich von der Hingabe und den Opfern derjenigen erzählt, die für ihre Freiheit kämpfen.
Touqans Lebensweg und ihr literarisches Werk sind nicht nur ein Spiegel ihrer persönlichen Kämpfe, sondern auch ein wichtiger Bestandteil des palästinensischen Widerstands. Ihre Werke wurden mit mehreren Auszeichnungen geehrt und bleiben bis heute von großer Bedeutung. Trotz der Widrigkeiten, die sie als Frau im patriarchaelen Umfeld und als Palästinenserin in einem besetzten Land erlebte, hat Touqan nie ihre Kraft und ihren Glauben an die Macht der Poesie verloren. Sie starb am 12. Dezember 2003 in Naplouse und hinterließ ein Erbe, das sowohl literarisch als auch politisch enorm wertvoll ist.
Für weitere Einblicke in Fadwa Touqans Leben und Werk, die das Geschichtsbewusstsein eines ganzen Volkes prägen, sind ihre Gedichtbände und autobiografischen Schriften von unschätzbarem Wert. Ihre poetische Stimme und ihr unermüdlicher Kampf für Gerechtigkeit werden auch zukünftige Generationen inspirieren.