Der Hemmerich in Lengfurt hat sich an jedem ersten Sonntag im Monat zu einem regelrechten Klangereignis entwickelt. Punkt 10 Uhr erklingt dort eine beeindruckende Serie von Böllerschüssen, die nicht nur die Anwohner, sondern auch Spaziergänger und Interessierte aus nah und fern anzieht. Verantwortlich für dieses akustische Spektakel ist die Gruppe der Hemmerischießer, eine Gemeinschaft von derzeit zehn Böllerschützen, die mit ihren präzisen Schüssen für Tradition und Freude sorgen.
Franck, ein engagiertes Mitglied der Gruppe, betont die Bedeutung dieser Böller für das Gemeinschaftsgefühl. Seit der Gründung im Jahr 2009 hat die Gruppe alles damit begonnen, einfach „zum Spaß“ nach ersten Böllerversuchen. Es gab eine Vielzahl von persönlichen Geschichten, die in jede Patrone und jede Explosion eingewoben sind. Das erste Mal, dass der Schuss ertönte, war an Neujahr 2010, als die Hemmerischießer am benachbarten Loksberg zusammenkamen, um den Moment gebührend zu feiern.
Die Kunst des Böllerschützens
Das Verfahren, mit dem die Böller gefertigt und abgefeuert werden, ist sowohl präzise als auch von großer handwerklicher Kunst geprägt. Jeder Böllerschütze besitzt ein eigenes Gerät, das zwar handlich, jedoch mit einem Gewicht von bis zu sieben Kilogramm und einer Länge von etwa 35 cm auch ordentlich zu handhaben ist. Diese Handböller sind kunstvoll aus Eschenholz gefertigt und zieren oft das Lengfurter Wappen sowie individuelle Motive – eine persönliche Note, die jedes Stück einzigartig macht.
Die Böller werden mit einer speziellen Patrone geladen. Dabei ist es entscheidend, dass die Füllung genau abgestimmt ist – Kork wird komprimiert, sodass die nötige Spannung aufgebaut wird. Werner Seitz, einer der erfahrenen Schützen, beschreibt den Prozess des Abfeuerns: „Es ist wichtig, die Böller in eine sichere Richtung zu halten.“ Dies ist besonders bei der spannenden Sequenz zu beachten, die mit dem ersten Glockenschlag der Kirchturmuhr beginnt und dann mit einer synchronen Abgabe aller Böller in einem beeindruckenden Moment der Gemeinschaft endet.
Der Erwerb eines Handböllers ist nicht ganz preiswert. Schnell kann man dabei mehrere tausend Euro investieren, und auch die rechtlichen Auflagen sind erheblich. Gemäß dem Sprengstoffgesetz muss jeder Schütze einen „Böllerschein“ erwerben und regelmäßig an Lehrgängen teilnehmen. Zudem sind genaue Aufzeichnungen über den Kauf von Böller-Pulver in einer Kladde notwendig, die alle fünf Jahre zu erneuern ist.
Die Hemmerischießer sind nicht nur eine lokale Attraktion, sie nehmen auch an regionalen und überregionalen Treffen teil. So haben sie bereits zahlreiche Ausflüge zu anderen Böllergruppen in der Umgebung unternommen und werden auch kommende Woche am Treffen in Erlenbach teilnehmen. Diese Aktivitäten stärken den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe und fördern den Austausch mit anderen Böllerschützen. Durch ihr Engagement wird das Böllerschießen lebendig gehalten und sichergestellt, dass diese Tradition weiterhin Bestand hat.
Die Faszination für das Böllerschießen zieht nicht nur Schützen an, sondern auch interessierte Spaziergänger, die oft am Hemmerich vorbeikommen. Bei einem Schwatz über die Böller und ihre Geschichte wird schnell klar, dass es nicht nur um den Knall geht, sondern auch um die Freude, die diese Gemeinschaft in die Region bringt. Die Hemmerischießer tragen mit ihrem regelmäßigen Zeitvertreib zur Lebendigkeit der Umgebung bei. Ihre Reihe von gut gesetzten Schüssen am ersten Sonntag im Monat wird zum akustischen Markenzeichen von Lengfurt und zum Symbol für Gemeinschaft sowie Tradition.
– NAG