In den letzten Wochen hat ein historischer Bericht über die Vergangenheit des Unternehmers Günter Leifheit neue Diskussionen in der Stadt Nassau ausgelöst. Der Historiker Stefan Holler hat umfassende Recherchen zu Leifheits Verstrickungen während der Zeit des Nationalsozialismus veröffentlicht, die nun zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit diesem Kapitel der Geschichte führen.
Manuel Liguori, der Stadtbürgermeister von Nassau, gab bekannt, dass das Gutachten von Holler „bisher nicht bekannte Details“ enthält, die für alle Beteiligten von großem Interesse sind. Die Stadt hält es für wichtig, diese Thematik umfassend aufzuarbeiten, und hat daher beschlossen, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. In einer offiziellen Mitteilung wurde betont, dass Einigkeit darüber besteht, das Thema ernsthaft anzugehen.
Ein Netzwerk der Zusammenarbeit
Die Entscheidung, die von Liguori während eines Treffens im Leifheit Kulturhaus in Nassau verkündet wurde, ist das Ergebnis intensiver Gespräche zwischen Vertretern der Stadt, der Leifheit-Stiftung und des Leifheit Campus. Ziel dieser Initiativen ist es, die Mitgliedschaft von Günter Leifheit in der Waffen-SS und seine Rolle im Nationalsozialismus zu beleuchten. Professor Arnd Bauerkämpfer, ein Historiker im Ruhestand, hat die geplanten weiteren Untersuchungen begrüßt und sieht sie als wichtigen Schritt zur Aufklärung an.
Die Stadt Nassau plant, eng mit der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen zusammenzuarbeiten, um das neue Gutachten in Auftrag zu geben. Diese Kooperation könnte durch die LongLeif GaPa gGmbH koordiniert werden, die auch für die Verwaltung der beträchtlichen finanziellen Mittel zuständig ist, die das Ehepaar Leifheit der Gemeinde gespendet hat. „Wenn das neue Gutachten vorliegt, werden wir weitere Handlungsschritte besprechen“, ergänzte Liguori.
Der Historiker Stefan Hollers Bericht hatte bereits in seiner ersten Veröffentlichung für Aufsehen gesorgt. Laut seinen Recherchen hat Leifheit, der 2009 verstorben ist, eine „mustergültige nationalsozialistische Karriere“ durchlebt und trat freiwillig in Organisationen wie die Hitlerjugend, die NSDAP sowie die Waffen-SS ein. Dennoch betont Holler, dass es keine Belege für Leifheits persönliche Beteiligung an Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt.
Eine bekannte Vergangenheit
Der Autor einer Biografie über Günter Leifheit äußerte sich zudem in einem Interview und erklärte, dass die Informationen über Leifheits Mitgliedschaft in der Waffen-SS in der Stadt Nassau bereits seit Jahren bekannt seien. Dies wirft die Frage auf, wie lange solche Informationen ignoriert oder nicht ernsthaft betrachtet wurden.
Günter Leifheit selbst war der Gründer des gleichnamigen Unternehmens, das heute noch unter seinem Namen in Nassau Haushaltswaren herstellt. Auch nach seinem Rückzug aus dem operativen Geschäft blieb sein Name eng mit der Stadt und dem Unternehmen verbunden, das über 1.100 Mitarbeiter beschäftigt. Die Stadtplanung, das Kulturhaus und das Gymnasium, bekannt als Leifheit Campus, reflektieren das Erbe des Unternehmers und seine Rolle innerhalb der Gemeinschaft.
Mit den aktuellen Entwicklungen im Hinblick auf die Aufarbeitung seiner NS-Vergangenheit könnte der neue Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens nun nicht nur persönliche, sondern auch gesellschaftliche Implikationen für die Stadt Nassau und das Unternehmen Leifheit haben. Die Verantwortlichen betonen, dass man die Verantwortung für die Geschichte ernst nehmen und die notwendigen Schritte zur Klärung einleiten will.
– NAG