In der malerischen Dachauer Altstadt verbirgt sich eine bemerkenswerte Straße voller Überraschungen und architektonischen Kuriositäten. Die Wieningerstraße, die sich ruhig zwischen der Martin-Huber-Treppe und dem Ludwig-Thoma-Haus erstreckt, ist nicht nur ein Durchgang zu einem gemütlichen Café oder einem einladenden Kerzengeschäft, sondern birgt auch Geschichten und Details, die oft übersehen werden. Die Atmosphäre hier scheint beschaulich, doch bei genauerem Hinsehen eröffnen sich unerwartete Facetten dieser charmanten Gasse.
Während die meisten Besucher der Wieningerstraße vorübergehen, bleibt der aufmerksame Passant nicht lange unbemerkt, dass die Straße mehr zu bieten hat, als es auf den ersten Blick scheint. Ein zentraler Punkt der Erinnerung ist der Stolperstein, der an Peter Bleisteiner erinnert, der hier einst in der Hausnummer 10 lebte. Seinen traurigen Weg, der 1933 mit seiner verharmlosenden Inhaftierung in Dachau begann und über Buchenwald bis zu seinem grausamen Todesort Mauthausen führte, sollte man nicht aus den Augen verlieren. Dieser kleine Stein ist ein eindrucksvolles Zeugnis der Vergangenheit, das uns daran erinnert, die Geschichten hinter den Fassaden unserer Städte zu hören.
Architektonische Besonderheiten und deren Bedeutung
Doch nicht nur die historische Tragik macht die Wieningerstraße zu einem interessanten Ort. Wenn man den Blick hebt, wird man von den architektonischen Besonderheiten der Gasse in den Bann gezogen. Ein schmaler Fensterbogen an der Einmündung lässt das Licht auf wunderschöne Weise in ein Wohnhaus strömen und schafft eine einmalige Atmosphäre. Daneben entfaltet sich ein weiteres Beispiel für kreative Baukunst: An einem Schaufenster mit Schmuckauslage sind kachelgroße Miniatursprossen übereinander gereiht, was die Neugier darauf weckt, wer diese kunstvolle, aber nicht wirklich funktionale Installation einst entworfen hat. Es erfordert gewiss keinen kleinen Aufwand, um alle diese Fenster so zu reinigen, dass sie ihr strahlendes Licht auch weiterhin in die Gasse werfen können.
Am eindrucksvollsten wird die Straße der sonderbaren Fenster jedoch gegenüber dem „Kerzenfräulein“. Dort steht ein Haus, gekennzeichnet durch tannengrün gestrichene Holzfensterläden. Zwischen der Haustür und einem gardinenverhangenen Fenster gibt es einen kleinen Schacht, der über die Jahre viele Fragen aufgeworfen hat. Ist es eine Katzentür, ein Geheimversteck oder vielleicht gar eine Station für das bayerische „Fensterln“, also dem Flirten von Fenstern aus? Gestern hat sich schließlich ein kleines Mysterium gelüftet: Jemand hatte eine Bäckertüte mit frisch gebackenem Brot in den schmalen Schacht geschoben. Eindeutig erinnert dies an die kleinen Freuden des Lebens, wie das Fenster in eine bessere Welt.
Die Wieningerstraße in Dachau ist eine eindrucksvolle Quelle für Neugier und Entdeckung. Die Mischung aus historischen Erinnerungen und architektonischen Zufälligkeiten macht sie zu einem einzigartigen Ort, der sowohl beim flüchtigen Blick als auch bei genauerem Hinsehen vielen erzählt. Es ist eine Einladung, innezuhalten, zu betrachten und die Geschichten, die sich hinter diesen Mauern verbergen, näher kennenzulernen.
– NAG