In der Geschichte des deutschen Fußballs gab es zahlreiche Wendepunkte, die den Verlauf der Nationalmannschaft geprägt haben. Ein besonders besorgniserregender Trend ist die ständige Abfolge von Kapitänen, die in den letzten zwei Jahrzehnten das Zepter über die DFB-Elf übernahmen. Diese Entwicklungen liefern einen Blick auf die Herausforderungen und Veränderungen im Team, die sowohl die sportliche als auch die persönliche Ebene betreffen.
Die Geschichte beginnt mit Oliver Kahn, der bis kurz vor der Heim-WM 2006 die Nummer Eins im Tor war. Unter ungünstigen Umständen musste Kahn jedoch seinen Platz an Jens Lehmann abgeben. Seinen Abschied feierte er im Spiel um Platz drei gegen Portugal, was trotz seines Frusts als gebührender Abschied empfunden wurde. Diese Demontage von Kahn ist mehr als nur ein sportlicher Rückschlag; sie symbolisiert auch den Druck, den Spieler während großer Turniere erleben.
Der Weg von Jens Lehmann zu Philipp Lahm
Der Bruch kam unerwartet, als Kevin-Prince Boateng im englischen Pokalfinale Michael Ballack verletzte. Dieser Vorfall hätte das WM-Team im Jahr 2010 entscheidend beeinflussen sollen. Mit Ballacks Verletzung übernahm Philipp Lahm die Kapitänsbinde. Unter Joachim Löws Führung bewies Lahm seine Fähigkeiten und führte ein junges, dynamisches Team in Südafrika. Dennoch blieb der Nachhall von Ballacks Verletzung und dem darauffolgenden Konflikt mit Löw, der eine Rückkehr des einstigen Kapitäns ausschloss, nicht aus.
Der Stil, wie Lahm den Kapitänsstuhl übernahm, verlief harmonisch. Anders als bei Klinsmann 1998, der von Eklats umgeben war, verabschiedete sich Lahm ohne großes Tamtam. Er krönte sein Karriereende mit dem Gewinn des WM-Pokals in Rio de Janeiro, was ihm als erstem Kapitän seit Beckenbauer und Matthäus vergönnt war. Nach Lahm übernahm Bastian Schweinsteiger die Kapitänsrolle, jedoch blieb ihm der große Erfolg verwehrt.
Von Bastian Schweinsteiger zu Manuel Neuer und Ilkay Gündogan
Schweinsteiger hatte seine letzten Auftritte als Kapitän nicht mit dem erhofften Triumph gekrönt. Nach dem EM-Halbfinale 2016, in dem ein Handspiel zu einer Niederlage gegen Frankreich führte, folgte ein emotionaler Abschied. Manuel Neuer, der als erster Torwart seit Kahn zum Kapitän ernannt wurde, übernahm nun die Verantwortung. Doch auch Neuer musste sich gegen Verletzungen und Rückschläge behaupten, während die Kapitänsfrage inmitten von politischen Diskussionen über die Spielführer-Binde, insbesondere während der EM 2021 und WM 2022, zur Kontroversen führte.
Seine Rolle als Kapitän war geprägt von Respekt und Anerkennung, doch nach einem Beinbruch durch einen Skiunfall verzögerte sich Neuers Zeit als Führungsfigur. Im September 2023 wurde schließlich Ilkay Gündogan zum neuen Kapitän ernannt. Gündogan, bekannt für seinen ruhigen Charakter, stellte sich dieser Herausforderung. In einem überraschenden Schritt kündigte er nach der Heim-EM seinen Rücktritt an, direkt im Gefolge von Neuers eigener Entscheidung, seine DFB-Karriere im August zu beenden.
Die Geschichte der DFB-Kapitäne seit 2000 zeigt eine Vielzahl von Emotionen, Herausforderungen und Tragödien, die spannende Einblicke in den deutschen Fußball geben. Die kontinuierliche Entwicklung der Führungsrollen macht deutlich, wie wichtig jeder Spieler für das Team ist—nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Kabine. Diese Momente sind prägend und erinnern daran, dass im Sport nicht nur die Leistungen auf dem Feld zählen, sondern auch die persönlichen Geschichten, die dahinterstehen.
– NAG