Die Olympischen Spiele 2024 stehen vor der Tür, doch die Medaillenbilanz deutet auf große Herausforderungen hin. Während deutscher Sport in der Kritik steht, warnt ein Sportmanager eindringlich vor den Konsequenzen, die das für die Zukunft haben könnte, insbesondere mit Blick auf die Olympia-Ausrichtung im Jahr 2040 in Deutschland. Karsten Günther, Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten SC DHfK, spricht von dringendem Handlungsbedarf, um die Athleten von morgen rechtzeitig zu unterstützen.
Günther, 43 Jahre alt, betont: „Wenn wir es ernst damit meinen und auch Athleten dabeihaben wollen, die eine reelle Medaillenchance haben, dann muss es morgen losgehen mit der Förderung.“ Es ist nicht nur eine Leidenschaft für den Sport, die hier angesprochen wird; es geht um die systematische Entwicklung junger Talente. Die heutigen Kinder, die zwischen 4 und 12 Jahren alt sind, werden 2040 die Athleten sein, die für Deutschland auf der internationalen Bühne antreten sollen. Um ihre Chancen zu maximieren, sind beträchtliche Verbesserungen der Rahmenbedingungen erforderlich.
Dringende Forderungen für die Olympiavorbereitung
Für die Entwicklung von Talenten sieht Günther neun zentrale Forderungen vor, die als Leitfaden für zukünftige Investitionen dienen sollten. Zu den Hauptanliegen gehört die Notwendigkeit, die Bewegungsangebote in Kitas und Schulen erheblich zu erweitern. „Sie brauchen mehr Bewegungsangebote in Kita und Grundschule“, fordert er und ergänzt, dass auch die Infrastruktur für Sportvereine optimiert werden muss. Die Wertschätzung und Vergütung der Trainer spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle.
Ein zentrales Anliegen ist die Einführung täglicher Sporteinheiten in allen Kitas und Grundschulen. „Gern auch morgens als Frühsport“, so Günther. Er ist überzeugt, dass alles, was in der motorischen Frühförderung verpasst wird, nicht mehr aufgeholt werden kann. Eine regelmäßige sportliche Betätigung ist der Schlüssel zur Förderung von Talenten.
Ein weiterer Punkt auf seiner Liste ist die engere Verzahnung zwischen Vereinen und Schulen. „Vereine und Schulen so verknüpfen, dass Vereinstrainer auch im Sportunterricht eine Rolle spielen“, schlägt er vor. Damit solle sichergestellt werden, dass keine Sportstunde ausfällt und gleichzeitig Nachwuchstalente individuell gescoutet werden können. Der dominanteste Sport in Deutschland, der Fußball, könnte dabei nicht alles und jeden in seinen Bann ziehen, ohne dass auch andere Sportarten Beachtung finden und Förderung erhalten.
Außerdem fordert Günther ein umfassendes Investitionsprogramm zur Verbesserung der Sportinfrastruktur, da jeder, der Sport treiben möchte, auch die nötige Gelegenheit dazu haben sollte. Es dürfen keine akuten Herausforderungen durch überfüllte oder marode Sportstätten entstehen. Der Sport soll nicht nur für ein breiteres Publikum zugänglicher werden, sondern auch dazu beitragen, spannende Veranstaltungen zu ermöglichen, die mehr Menschen in den Bann ziehen.
Ein wichtiges Anliegen ist die angemessene Vergütung der Sporttrainer. „Sie müssen mindestens so gut bezahlt werden wie Lehrer“, fordert Günther, um ihnen eine langfristige Perspektive im Sport zu bieten.
Die Rolle von Sponsoren und die Wertschätzung der Athleten
Darüber hinaus sieht Günther die Notwendigkeit, die Rolle der Sportsponsoren zu überdenken und zu verbessern. Diese Sponsoren tragen entscheidend dazu bei, den Leistungssport zu fördern. „Sie müssen entlastet werden, anstatt vom Finanzamt unter Generalverdacht gestellt zu werden“, so seine klare Botschaft.
Ein weiterer Punkt betrifft die Anerkennung von olympischen Erfolgen, die über die monetäre Entlohnung hinausgehen sollte. „Der Entertainment-Wert eines Olympiasiegers während drei Wochen Olympia ist um ein Vielfaches größer als jede Realityshow“, sagt er und fordert dafür eine angemessene Würdigung der Athleten, die als Vorbilder für alle dienen sollten.
Günther betont auch die Bedeutung der Ehrenamtsträger im Sport. „Dem organisierten Sport droht eine ganz wichtige Säule wegzubrechen.“ Um dies zu verhindern, müsse der Staat Anreize schaffen, um das Engagement im Ehrenamt attraktiver zu machen.
Ein Ziel: Olympia 2040
Abschließend appelliert Günther an die Verantwortlichen, alle Interessen des Sports zentral zu bündeln und als Koordinationsstelle zu etablieren: „Ein Ziel, hinter dem sich der Sport vereint. Endlich den Mut haben um zu sagen: Olympia 2040. Wir machen das. Und loslegen!“ Mit dieser klaren Vision fordert er nicht nur jährliche Verbesserungen, sondern auch eine umfassende Strategie für die Zukunft des deutschen Sports. Die Zeit drängt, und das Handeln muss jetzt beginnen.
Die Sportförderung in Deutschland hat eine lange Tradition, geprägt von Erfolgen und Rückschlägen. Historisch gesehen ist es wichtig, die Entwicklungen der letzten Jahrzehnten zu betrachten, um zu verstehen, wie sich die Rahmenbedingungen für Athleten verändert haben. Eine Schlüsselphase war die Zeit nach der Wiedervereinigung 1990, als das deutsche Sportförderungssystem reformiert wurde. Damals wurde der Fokus auf die Talentförderung gelegt, um mit den sportlichen Leistungen internationaler Konkurrenz mithalten zu können. Diese Diskussionen um die Strukturen und Fördermodelle sind bis heute relevant und müssen kontinuierlich angepasst werden, um den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden.
Im internationalen Vergleich zeigt Deutschland beim Medaillenspiegel in vergangenen Olympischen Spielen gemischte Ergebnisse. Im Jahr 2016 in Rio de Janeiro belegte Deutschland mit 17 Gold-, 10 Silber- und 15 Bronzemedaillen den fünften Platz im Gesamtmedaillenspiegel. Im Gegensatz dazu war die Bilanz bei den Spielen in Tokio 2021 weniger erfreulich, und diese Diskrepanz verstärkt die Forderungen nach einer umfassenden Reform der Sportförderung und Infrastruktur.
Sportliche Infrastruktur und deren Bedeutung
Die Infrastruktur für den Sport ist entscheidend für die Talentförderung. In den letzten Jahren wurden zwar einige Fortschritte erzielt, jedoch bleibt die Ausstattung vieler Sportstätten unzureichend. Laut einer Umfrage des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) haben nur etwa 30 Prozent der Vereine Zugang zu modernen Trainingsanlagen. Dies wirkt sich direkt auf die Trainingsqualität und die Entwicklung junger Sportler aus.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Sportvereinen. Die meisten Schulen haben Schwierigkeiten, verlässliche Sportunterrichtsangebote aufrechtzuerhalten, was dazu führt, dass viele Kinder und Jugendliche nicht ausreichend gefördert werden können. Eine stärkere Vernetzung beider Institutionen könnte dazu beitragen, Kindern mehr Zugang zu verschiedenen Sportarten zu bieten.
Wertschätzung von Trainern und Ehrenamtlichen
Eine der häufigsten Forderungen ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Trainer. Diese spielen eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Athleten und sollten daher eine entsprechende Wertschätzung und Vergütung erfahren. Der Trainerberuf muss attraktiv gestaltet werden, damit es nicht zu einem Abfluss von Talenten in andere Berufszweige kommt.
Die Unterstützung des Ehrenamts im Sport ist von großer Bedeutung. Viele Vereine sind auf die Arbeit von Ehrenamtlichen angewiesen, die oft zeitlich und finanziell nicht angemessen entlohnt werden. Anreize für das Engagement im Ehrenamt könnten helfen, strukturelle Lücken zu schließen und das sportliche Angebot langfristig zu sichern.
Die deutschen Sportverbände und die Politik stehen vor der Herausforderung, ein nachhaltiges Konzept für die Sportförderung zu entwickeln, das sowohl auf die Olympischen Spiele in Paris 2024 als auch auf die zukünftigen Ereignisse wie die möglichen Olympischen Spiele 2040 in Deutschland ausgerichtet ist. Langfristiges Denken ist hier gefragt, um die Weichen für die Zukunft des deutschen Sports richtig zu stellen.
– NAG